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Bundesjugendschreiben Text 2015

created May 15th 2017, 12:36 by iksdede


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Nadir aus Dortmund kommt eines Tages von der Schule nach Hause und kann seinen Augen nicht trauen. Denn auf seinem Schreibtisch liegt ein Brief aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist der Tag, an dem Nadir seinen Traum wahr werden lassen kann. Er konnte diesen Tag kaum erwarten und jetzt war es so weit. Seine Eltern waren im ersten Moment allerdings geschockt, denn sie haben ihrem Sohn zwar bei seinem Vorhaben immer geholfen, allerdings nicht damit gerechnet, dass es klappen wird. Und vor allem noch nicht so schnell. Denn was aus Amerika gekommen war und jetzt vor ihnen auf dem Tisch lag, ist ein Vertrag für ihren Sohn, für das Team der Reds aus der dortigen Baseball-Liga. Bisher spielte Nadir Baseball in Vereinen in Dortmund und Paderborn, was in Deutschland schon sehr gute Vereine sind. Um allerdings Karriere im Baseball machen zu können, muss man in die USA wechseln. Das war Nadir schnell und schon lange klar. Und jetzt war endlich der Tag gekommen, wo die amerikanischen Scouts Nadir unbedingt haben wollten. Das war bisher sein großer Traum gewesen, der jetzt in Erfüllung gehen sollte. Doch jetzt schien nicht nur der Traum in Erfüllung zu gehen, denn mit dem Vertrag lockten auch ein monatliches Gehalt und eine eigene Wohnung. Nicht schlecht für einen Schüler der Oberstufe. Lange musste Nadir daher nicht überlegen, um seine Entscheidung zu treffen, ob er das Angebot aus Amerika annehmen sollte. Bei einem europäischen Baseballcamp wurde Nadir entdeckt. In Deutschland war er immer der Überflieger gewesen und gilt für seinen Trainer als großes Talent. Auch für eine deutsche Juniorenauswahl wurde Nadir schon berufen. Und so begann sein neuer Lebensabschnitt. Dort stellte er fest, dass in Amerika die Bälle härter geworfen werden und die Mitspieler drei oder vier Jahre älter als Nadir sind. Aber er weiß auch, was er kann. Irgendwo zwischen Stolz und Zufriedenheit wird er sich nun einsortieren müssen. Dass ihn der Profivertrag über fünf Jahre abheben lässt, glauben seine Eltern nicht. Sie haben ihre Hand auf seinem Konto und auf seinem Ehrgeiz. Der Beginn seiner Baseballkarriere war ganz witzig. Eigentlich wäre es doch normal gewesen, Fußball zu spielen. So wie sie das in Dortmund fast alle machen. Und auch Nadir, dessen Vater ein aus Serbien stammender Bosnier ist, kickte ab und zu im Park vor dem Haus. Doch eines Tages sah Nadir von seinem Fenster ein paar Jungs mit einem Trainer im Viertelkreis stehen, mit gestreiften Trikots und riesigen Handschuhen. Zuerst verstand er gar nicht, was die da eigentlich machten. Aber er war neugierig und fragte einfach den Trainer, ob er mitspielen dürfe. Er durfte. Und noch am selben Abend rief der Trainer bei seinen Eltern an und machte sie darauf aufmerksam, dass Nadir am besten schnellstmöglich in einen Baseballverein gehen sollte. Schnell hatte er die Regeln begriffen, obwohl Baseball ein recht komplizierter Sport ist, denn mit Werfen, Schlagen und Fangen ist es längst nicht getan. Es gibt unzählige Sonderregeln, die auch Nadir nach neun Jahren noch nicht alle kennt. Aber das wird sich in den nächsten Monaten ändern. Das Leben in den Vereinigten Staaten wird wohl noch einige Überraschungen für ihn bereithalten. Er tauscht eine Welt aus Ledersofa und Einzelbett gegen Fahr- und Zimmerservice. Baseballspieler sind Idole in Amerika und zählen oftmals zu den Spitzenverdienern. Denn Baseball ist in Amerika die traditionsreichste Sportart. Für Nadir reicht es dafür freilich noch lange nicht. Die Reds, für die er nun spielt, ist eine Mannschaft, die sich in der Regel im Mittelfeld der Liga befindet und auch hier muss er sich erst einmal durchsetzen. Dennoch freut er sich auf alles, denn bange ist ihm nicht. Er strahlt Zuversichtlichkeit aus, wenn er von seinen Zielen in den nächsten fünf Jahren spricht. Er möchte es zuerst in der Nachwuchsmannschaft schaffen und es von hier in die erste Mannschaft schaffen. So soll sein Weg aussehen. Leicht wird es aber nicht, denn er hat mehrere tausend Kontrahenten. Kann er sich in den nächsten fünf Jahren durchsetzen, ist die Chance groß, dass sein Vertrag verlängert wird. Während Baseball in Amerika Millionen von Zuschauern anzieht, kümmert der Sport in Deutschland vor sich hin. In Deutschland wird hauptsächlich auch nur eine sehr vereinfachte Variante des Baseballs gespielt: Brennball. Allerdings eignet sich dieses Spiel sehr gut, um einen Einstieg in die Baseballregeln zu finden. Annähernd an die Baseballregeln kommen die Regeln der Sportart Softball. Die deutschen Baseball-Vereine haben zwar viele Mitglieder, aber eine richtige Eliteförderung gelingt auch in der Bundesliga nicht. Zudem ist Baseball derzeit nicht im olympischen Programm, was es nicht einfacher macht. Wie es für einen Deutschen, der es trotz aller Hindernisse schafft, in Amerika laufen kann, kann Nadir an Lutz Donald beobachten, der vor ein paar Jahren den Sprung nach Amerika gewagt hat. Auch er wurde in einem europäischen Camp entdeckt. Inzwischen hat er sich in den Topkader seiner Mannschaft gespielt. Seinen ersten Homerun in der Profiliga hatte er am Muttertag und widmete den Ball natürlich der daheimgebliebenen Mama. Die Amerikaner lieben solche Geschichten. Jetzt soll ihnen Nadir nette Anekdoten bringen. Baseball ist ein Spiel für Menschen mit Ausdauer und für Taktiker. Das ist das, was Nadir daran so gefällt. Es ist deshalb nicht überraschend, dass er auf seiner Lieblingsposition im Feld die nächsten Spielzüge erahnen muss, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Jeder muss während eines Spieles auch werfen. Nadir schafft es an guten Tagen beim Wurf den Ball auf eine Geschwindigkeit von mehr als 140 Kilometern pro Stunde zu bringen. Die Zeiten, in denen er nach Trainingsschluss seinem Vater noch ein paar Bälle zuwarf, sind aber endgültig vorbei, denn sein Vater hatte keine Lust mehr auf die vielen blauen Flecken. Seine Eltern haben eine ganze Menge mitgemacht. Fast jedes Wochenende war mit Baseball belegt. Je besser Nadir wurde, umso weiter gingen die Fahrten zu Spielen und Trainingscamps. Auch Nadir erinnert sich daran. Als die erste Überweisung seiner Reds kam, ging er mit seinen Eltern erst mal einkaufen. Als Überraschung kaufte er seinen Eltern einen neuen Fernseher, welcher im Wohnzimmer seiner Eltern zu finden ist und ein bisschen über die Sehnsucht hinweghilft, denn seine Eltern sind in Deutschland geblieben. Beim ersten großen Spiel wollen seine Eltern aber auf jeden Fall in Amerika am Spielfeldrand stehen und ihrem Sohn zuschauen.  

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