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Bundesjugendschreiben 2016

created May 28th 2017, 13:54 by


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Sie summen wild im Garten herum und suchen den ganzen Tag nach Nektar, den sie benötigen, um ihren Nachwuchs zu versorgen. Eine bestimmte Biene ist in Deutschland sehr bekannt, denn fast jeder kennt die liebe Biene Maja und ihre Abenteuer mit ihren vielen Freunden. Sie vermittelt uns im Zeichentrickfilm ein liebevolles Bild der Bienen. Trotzdem haben viele Menschen Angst vor den Bienen bzw. eher vor dem Stich einer Biene, der sehr schmerzhaft sein kann. Dabei stechen die Honigbienen und ihre wilden Verwandten, die Wildbienen, gar nicht grundlos um sich. Sie gehen im Gegenteil einer Auseinandersetzung mit Menschen eher aus dem Weg. Denn Bienen wissen, dass, wenn sie einen Feind stechen, nicht nur die Biene selbst stirbt, sondern auch ihr Nachwuchs dadurch verloren ist. Der Stachel dient nur zur reinen Verteidigung. Aber zu sich selbst sind die Bienen nicht immer friedlich. Immer am Ende einer Bienensaison geht es um den Stock herum heiß her. Dort ist gerade die große Schlacht in vollem Gange. Aus dem Stock herausgeworfene Brummer dröhnen wütend durch die Luft, versuchen, auf der Rampe der Festung wieder Fuß zu fassen und sich durch das Tor zurückzukämpfen. Zurück in ihr Zuhause, in dem sie bis zu diesem Zeitpunkt einen so sorglosen Sommer verbracht haben. Doch entschlossen stellen sich ihnen die Amazonen in den Weg und lassen den Kerlen keine Chance, die entkräftet und verzweifelt schließlich zu Boden taumeln. Dort lauern schon andere, schwarz-gelb gestreifte Räuber und stürzen sich hungrig auf ihre Beute. Die Stock- und Wächterbienen entledigen sich rechtzeitig vor der Winterruhe der Drohnen, da sie für sie längst überflüssig geworden sind. Sie waren nur dazu gut, um die Königin zu befruchten erzählt Arno Kronhober. Die Drohnenschlacht, wie dieses Ereignis auch genannt wird, ist natürlich auch ein Fest für die Wespen. Mit ihm verfolgen einige Zuschauer gebannt dieses Schauspiel. Es gibt kaum einen besseren Führer ins Reich der Bienen als Kronhuber aus Kärnten in Österreich. Mit drei Jahren sammelte er bereits Nester von Hummeln. Zum siebten Geburtstag wünschte er sich sein erstes Bienenvolk und seitdem hat ihn deren Welt nie mehr losgelassen. Inzwischen ist er Imker-Wanderlehrer, sprüht noch immer vor Begeisterung und klagt über Obstbauern, die ihre Bäume mit Chemikalien duschen. In Kärnten betreibt er eine Pension, deren Zimmer selbstredend nach wichtigen Blütenpflanzen benannt sind und hat eine kleine Schauimkerei eingerichtet. Zuerst beginnt er mit einer Einführung in die Anatomie und das Leben der Bienen. Anschaulich erzählt er, wie die Königin im Flug von mehreren Drohnen befruchtet wird und damit für die nächsten drei bis vier Jahre genügend Nachwuchs zeugen kann. Weiter geht es über das Sammeln des Nektars und das Bauen der Waben. Auch erklärt er den Schwänzeltanz der Flugbienen, die ihre Kolleginnen mit diesem Tanz über Futterquellen informieren. Er erzählt, dass Bienen den Geruch von Hunden, Alkohol oder menschlichem Atem verabscheuen. Dann geht es nach draußen zum Bienenvolk, das in einem einfachen Holzkasten mit Einflugöffnung lebt. Wer möchte, zieht einen Schleier über den Kopf. Aber seine Bienen erweisen sich tatsächlich als so sanft, wie er es angekündigt hat. Weder der Imker, der mit bloßen Händen und ohne weiteren Schutz Rahmen mit dichten Trauben von Bienen heraushebt, um die etwas größere Königin zu zeigen, die zudem mit einem roten Punkt markiert ist, noch irgendein Zuschauer werden gestochen. Möchte man den Honig gewinnen, muss man die Wabe erst entdeckeln, also die obere Wachsschicht entfernen. Danach kommt die Wabe in die Edelstahlschleuder. Sechs Wachsrahmen passen in die Schleuder. Ein Knopfdruck, und sie beginnt sich zu drehen, erst in die eine, dann in die andere Richtung. Zehn Kilo Honig fließen schließlich aus dem Hahn. Der dazu notwendige Nektar wurde von den siebzigtausend Arbeiterinnen eines Volkes gesammelt, die dafür eine Strecke von 1,5 Millionen Kilometern zurücklegten fast vierzig mal um die Erde. Anschließend wird verkostet. Der eben geschleuderte Waldhonig ist dick, dunkel, herb und kratzt am Ende ein wenig im Hals. Der andere dagegen, in dem die Alpenrose dominiert, fließt hell und dünn vom Löffel und schmeckt eher lieblich, fruchtig und sehr süß. Der Zeitgeist meint es gut mit den Bienen, die Hobbyimkerei ist in Mode. Mehr als fünftausend Völker gibt es alleine in Wien. Sogar auf dem Rathaus und auf der Staatsoper sind welche angesiedelt. Aber auch in vielen anderen Metropolen findet man im Stadtkern Bienenvölker. So erfolgreich ist die Ansiedlung, dass inzwischen sogar Biologen warnen, dass die Honigbienen in den Städten den nicht weniger wichtigen Wildbienen das Futter streitig machen. Kronhofer muss sich dagegen mit ganz anderen Konkurrenten herumschlagen. Er sagt, dass auch Bären zugreifen, wenn sie einen ungesicherten Bienenstock entdecken. In den wenig zugänglichen Waldhängen um den Natursee sind mindestens zwei Braunbären zu Hause, um die zehn soll es in ganz Kärnten geben. Zwar ernähren sie sich überwiegend vegetarisch, reichern ihren Speiseplan aber gern mit ein paar saftigen Bienenlarven an es ist gar nicht so sehr der Honig, der sie lockt. Auch Kronhofer wurde schon zweimal heimgesucht. In seinem gläsernen Schauhaus nimmt Kronhofer eine Wabe aus einem Stock, zeigt die frische Brut und sogar eine Biene, die gerade schlüpft. Sie schüttelt die Bienentraube ab, dass der frische Nektar nur so spritzt, und die Tiere lassen alles mit sich geschehen, ohne erkennbar ärgerlich zu werden. Ein weiterer Imker, Josef Gratzer, hält mit seinen zarten Fingern derzeit eine Königin, setzt ihr mit Nagellack einen blauen Punkt auf den Rücken und klebt ein Farbplättchen darauf. Im Jahr 2015 sind die Königinnen blau, davor waren sie grün, vor zwei Jahren rot. Der Reiz, Bienen zu halten, sei das Spiel mit der Natur, die sich nur bedingt beeinflussen lasse. Fast niemand im Imkerverein von Kronhofer betreibe die Zucht nur wegen des Honigs. Viel wichtiger sei es den meisten, zur Bestäubung der Bäume und Pflanzen beizutragen und sich von Jahr zu Jahr im Verständnis der Tiere und im Umgang mit ihnen zu verbessern. Mit wem auch immer man spricht, überall spürt man einen großen Respekt den Bienen gegenüber. Der Ton ist geprägt von Zuneigung, Stolz und nie nachlassendem Interesse. Aber den Honig lieben sie natürlich auch alle. Jeder Imkerverein hat bei dem Treffen anlässlich des Honigfestes im August Gläser aus der neuen Ernte mitgebracht, überall darf man kosten. Seit inzwischen mehr als zehn Jahren gibt es dieses Fest, inzwischen in Zusammenarbeit mit der Politik, den anderen örtlichen Vereine und auch der Kirche. So segnet der Pfarrer die Bienenvölker und preist die Arbeitsorganisation der Bienen als Vorbild für menschliches Tun. Dann wird endlich der neue Honig angestochen.

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