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Das Lied der sieben Sterne

created Oct 15th, 11:55 by Jorim Hirsbrunner


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Die Nacht war still, und doch lag eine Spannung in der Luft, als würde die Welt selbst den Atem anhalten. Über den Hügeln von Ardelin glühten die sieben Sterne, heller als je zuvor. Die Alten sagten, wenn sie in einer Linie erscheinen, beginne ein neuer Zyklus. Und in jener Nacht war es soweit.
 
In einem Tal, umgeben von silbernem Nebel, stand ein junger Krieger. Sein Name war Elion. Sein Schwert ruhte an seiner Seite, sein Herz aber brannte wie Feuer. Er wusste nicht, weshalb ihn die Sterne gerufen hatten nur, dass er kommen musste. Die Erde unter seinen Füßen vibrierte leise, und ein fernes Summen erfüllte die Luft.
 
Aus dem Nebel trat eine Gestalt. Sie trug ein Gewand aus Licht, und ihre Augen schimmerten wie klares Wasser. "Du bist gekommen", sagte sie leise, "und mit dir erwacht das, was lange geschlafen hat."
Elion kniete nieder, spürte die Kälte des Bodens, doch in seinem Inneren wuchs Wärme. "Wer bist du?", fragte er.
"Ich bin Serathiel, Hüterin des Ersten Sterns", antwortete sie. "Und du, Elion von den freien Reichen, bist der Erwählte des Liedes. Es ist an der Zeit, die sieben Fragmente zu vereinen."
 
Ein Windstoss durchzog das Tal, und plötzlich loderten Lichtbahnen über den Himmel. In der Ferne erhoben sich Ruinen aus der Erde alte Tempel, lange vergessen. Jeder Stern wies den Weg zu einem anderen Ort, und Elion wusste: Sein Pfad würde voller Gefahr sein.
 
Er griff nach seinem Schwert, das nun im Licht der Sterne glänzte. Es schien zu leben, als würde es den Ruf ebenfalls hören. "Dann soll es beginnen", murmelte er.
 
Die Hüterin nickte. "Vergiss nicht: Mut ist mehr als Stärke. Und Hoffnung ist mächtiger als jedes Schwert."
Mit diesen Worten löste sie sich auf wie Nebel im Morgengrauen.
 
Elion blickte hinauf zu den Sternen. Jeder von ihnen trug eine Farbe: Gold, Blau, Smaragd, Purpur, Weiß, Rot und Schwarz. Zusammen bildeten sie ein Muster, das an ein uraltes Siegel erinnerte das Symbol des Lichts und der Schatten.
 
Er machte sich auf den Weg. Der Boden bebte unter seinen Schritten, und fern am Horizont erhob sich das erste Leuchten der Tempel des Goldenen Sterns. Aus seinem Inneren drang Gesang, so alt, dass selbst der Wind schwieg, um zuzuhören.
 
Als Elion die Schwelle betrat, sah er ein Meer aus schwebenden Runen. Zwischen ihnen stand eine Gestalt aus Flammen der Wächter des Goldenen Sterns.
"Nur wer das eigene Herz kennt, darf eintreten", sprach der Wächter.
Elion senkte den Blick, legte die Hand auf seine Brust und flüsterte: "Ich fürchte mich. Doch ich gehe trotzdem."
 
Ein Lächeln zog über das Gesicht aus Feuer, und der Raum öffnete sich. Die Runen begannen zu tanzen, formten sich zu einem Kreis aus Licht, und in dessen Mitte erschien das erste Fragment ein Splitter reinen Goldes.
 
Als Elion es berührte, spürte er die Kraft der alten Welt. Bilder fluteten sein Denken: Kriege, Königreiche, Opfer, Gebete und schließlich das Gesicht einer Frau mit silbernem Haar, die ihn anblickte, als hätte sie ihn schon immer gekannt.
 
Dann war alles still. Das Licht erlosch, und er stand wieder allein in der Halle. Nur das Fragment in seiner Hand glühte leise.
"Eins von sieben", flüsterte er. "Und sechs noch vor mir."
 
Draußen hatte der Wind aufgefrischt. Die Sterne funkelten heller, und irgendwo jenseits der Berge ertönte das ferne Echo eines Horns ein Ruf, der die Welt verändern würde.
 
Und so begann Elions Reise. Nicht um Ruhm zu erlangen, nicht um Macht zu suchen, sondern um das Gleichgewicht zu finden zwischen Licht und Finsternis, Mut und Furcht, Hoffnung und Verlust.
 
Denn das Lied der sieben Sterne war kein Lied der Helden es war das Lied derer, die weitergehen, selbst wenn der Weg im Dunkeln liegt.

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