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Das Licht über Nadarel – Teil 2: Der Purpurne Turm
created Oct 16th, 07:39 by Jorim Hirsbrunner
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				Der Tag neigte sich, und der Himmel brannte in einem ruhigen Gold. Elion stand auf einer Anhöhe und sah hinab auf das Tal, das er noch vor Stunden durchquert hatte. Der Wind spielte mit seinem Mantel, und in der Ferne glomm der Horizont wie eine glühende Klinge. Er legte die Hand auf die Brust, spürte das warme Leuchten des Splitters und wusste, dass sein Weg ihn weiterführen würde, dorthin, wo Licht und Schatten sich berühren. 
 
Er ritt, bis das Licht der Sonne sich in Silber verwandelte. Der Wald wich felsigem Boden, und der Boden wurde zu grauem Gestein. Zwischen den Steinen wuchs kaum mehr Gras, nur einige harte Sträucher hielten sich fest. Ein Pfad zog sich serpentinenartig den Hang hinauf, und über ihm erhob sich eine Ruine, so alt, dass die Luft selbst sie zu kennen schien.
 
Am Fuß des Berges stand ein verlassener Schrein. Elion stieg ab, trat hinein und fand eine alte Inschrift auf dem Boden: „Hier endet der Mut, der sich selbst sucht, und beginnt der Mut, der dient.“ Er berührte die Zeichen, dann ging er weiter.
 
Als er die Anhöhe erreichte, sah er ihn – den Purpurnen Turm. Er war nicht groß, doch seine Mauern schimmerten in einem schwachen Rot, als sei in ihnen ein Herz gefangen, das langsam schlägt. Über ihm kreisten Raben, und die Luft roch nach Regen und Metall.
 
Elion führte sein Pferd bis an die erste Stufe und sprach: "Wenn du mich hereinlässt, werde ich nicht weichen. Wenn du mich prüfst, werde ich hören. Und wenn du schweigst, werde ich bleiben."
 
Die Tür öffnete sich lautlos. Drinnen war kein Staub, kein Schatten – nur Stille. Die Wände bestanden aus glattem Stein, der das Licht des Splitters zurückwarf. In der Mitte des Raumes stand ein Podest, auf dem eine leere Schale ruhte. Daneben lag eine Feder, schwarz wie Nacht.
 
"Ein Rätsel oder ein Opfer", murmelte Elion. Er legte den Splitter in die Schale, und in dem Moment begann die Feder zu glühen. Sie richtete sich auf, schwebte in die Luft und begann, Kreise zu ziehen. Jeder Kreis wurde heller, bis er zu einer Form wurde – eine Gestalt aus Licht und Schatten, weder Mann noch Frau, und doch beides.
 
"Du trägst den Ruf des Sterns", sagte sie. "Aber du bist noch nicht das Echo."
 
"Ich suche keine Krone, nur Klarheit", antwortete Elion.
 
"Und was, wenn Klarheit brennt?"
 
"Dann werde ich lernen, darin zu stehen."
 
Ein leises Lächeln formte sich im Licht. "Viele sagen das, bis das Feuer sie kennt."
 
Die Gestalt neigte sich. "Hinter diesem Turm liegt das Tal der Erinnerung. Dort wirst du finden, was du verloren hast, aber du musst es sehen, ohne zu greifen."
 
Elion nickte. "Ich bin bereit."
 
Die Feder sank herab und legte sich in seine Hand. Sie fühlte sich warm an, wie ein lebendiges Zeichen. "Nimm dies als Schlüssel", sagte die Stimme. "Nur wer das Vergangene nicht verleugnet, kann das Zukünftige empfangen."
 
Er ging hinaus. Der Himmel hatte sich verdunkelt, und der Wind hatte gedreht. Er roch nach Regen und Eisen, nach Ferne und Schicksal. Auf dem Weg hinab sah er am Horizont ein schwaches Leuchten – nicht golden, sondern silbern, kalt und schön.
 
Als er den Turm hinter sich ließ, trat aus dem Schatten eine Gestalt. Es war Quin. Der Junge, der keiner war, stand ruhig da, die Augen wie Glas, das Licht schluckt.
 
"Du hast also bestanden", sagte Quin.
 
"Bestanden? Ich habe nur gelernt, dass ich noch viel nicht verstehe."
 
"Das ist bestehen", sagte Quin. "Der Turm prüft nicht, ob du stark bist, sondern ob du zuhören kannst."
 
"Und du? Wirst du mich wieder prüfen?"
 
"Nein", sagte Quin. "Nicht heute. Ich bin nicht dein Feind. Ich bin nur der Spiegel deiner Furcht."
 
Elion sah ihn an. "Dann danke ich dir, dass du mir zeigst, dass Furcht nicht herrschen muss."
 
"Sie herrscht nicht", sagte Quin, "aber sie geht mit dir. Immer."
 
Er drehte sich um, und der Wind nahm ihn, wie Staub, der nicht verweht, sondern zurückkehrt, wohin er gehört.
 
Elion ging weiter. Der Pfad führte hinab in ein weites Tal, das von Nebel erfüllt war. Im Nebel standen Schatten, und aus manchen wurden Stimmen. Er hörte Liah lachen, hörte Kuro reden, hörte Serathiel singen. Sie alle schienen nah, und doch wusste er, dass keiner von ihnen wirklich dort war. Der Nebel zeigte, was das Herz erinnerte.
 
Er hielt an. "Ich werde nicht bleiben", sagte er leise. "Denn Erinnerung ist nicht Heimat. Sie ist nur der Beweis, dass es Heimat gab."
 
Der Wind antwortete mit einem Flüstern, das wie Zustimmung klang.
 
Als er aus dem Tal trat, begann der Himmel aufzureissen. Zwischen den Wolken schien ein einzelner Strahl Licht, der sich direkt auf ihn senkte. Das Licht war still, aber tief. Elion hob den Kopf und lächelte.
 
"Wenn das dein Zeichen ist, Herr", flüsterte er, "dann will ich es tragen."
 
Er stieg wieder auf sein Pferd, und als er sich umdrehte, sah er weit hinten den Purpurnen Turm. Er glomm schwach, als hätte er alles gesehen, was geschehen war, und würde es bewahren.
 
Elion ritt weiter, bis die Nacht kam. Über ihm standen Sterne, viele, und einer davon blinkte stärker als die anderen – der Goldene Stern, den er einst suchte. Er hob die Hand, als wolle er ihn grüßen.
 
"Ich bin noch nicht am Ende", sagte er. "Aber ich bin auch nicht mehr am Anfang. Und das genügt."
 
Dann ritt er in die Dunkelheit, ruhig, ohne Eile, und das Licht des Sterns blieb auf seinem Weg, wie ein Atem, der nicht verlischt.
 
Ende von Teil 2.
			
			
	        Er ritt, bis das Licht der Sonne sich in Silber verwandelte. Der Wald wich felsigem Boden, und der Boden wurde zu grauem Gestein. Zwischen den Steinen wuchs kaum mehr Gras, nur einige harte Sträucher hielten sich fest. Ein Pfad zog sich serpentinenartig den Hang hinauf, und über ihm erhob sich eine Ruine, so alt, dass die Luft selbst sie zu kennen schien.
Am Fuß des Berges stand ein verlassener Schrein. Elion stieg ab, trat hinein und fand eine alte Inschrift auf dem Boden: „Hier endet der Mut, der sich selbst sucht, und beginnt der Mut, der dient.“ Er berührte die Zeichen, dann ging er weiter.
Als er die Anhöhe erreichte, sah er ihn – den Purpurnen Turm. Er war nicht groß, doch seine Mauern schimmerten in einem schwachen Rot, als sei in ihnen ein Herz gefangen, das langsam schlägt. Über ihm kreisten Raben, und die Luft roch nach Regen und Metall.
Elion führte sein Pferd bis an die erste Stufe und sprach: "Wenn du mich hereinlässt, werde ich nicht weichen. Wenn du mich prüfst, werde ich hören. Und wenn du schweigst, werde ich bleiben."
Die Tür öffnete sich lautlos. Drinnen war kein Staub, kein Schatten – nur Stille. Die Wände bestanden aus glattem Stein, der das Licht des Splitters zurückwarf. In der Mitte des Raumes stand ein Podest, auf dem eine leere Schale ruhte. Daneben lag eine Feder, schwarz wie Nacht.
"Ein Rätsel oder ein Opfer", murmelte Elion. Er legte den Splitter in die Schale, und in dem Moment begann die Feder zu glühen. Sie richtete sich auf, schwebte in die Luft und begann, Kreise zu ziehen. Jeder Kreis wurde heller, bis er zu einer Form wurde – eine Gestalt aus Licht und Schatten, weder Mann noch Frau, und doch beides.
"Du trägst den Ruf des Sterns", sagte sie. "Aber du bist noch nicht das Echo."
"Ich suche keine Krone, nur Klarheit", antwortete Elion.
"Und was, wenn Klarheit brennt?"
"Dann werde ich lernen, darin zu stehen."
Ein leises Lächeln formte sich im Licht. "Viele sagen das, bis das Feuer sie kennt."
Die Gestalt neigte sich. "Hinter diesem Turm liegt das Tal der Erinnerung. Dort wirst du finden, was du verloren hast, aber du musst es sehen, ohne zu greifen."
Elion nickte. "Ich bin bereit."
Die Feder sank herab und legte sich in seine Hand. Sie fühlte sich warm an, wie ein lebendiges Zeichen. "Nimm dies als Schlüssel", sagte die Stimme. "Nur wer das Vergangene nicht verleugnet, kann das Zukünftige empfangen."
Er ging hinaus. Der Himmel hatte sich verdunkelt, und der Wind hatte gedreht. Er roch nach Regen und Eisen, nach Ferne und Schicksal. Auf dem Weg hinab sah er am Horizont ein schwaches Leuchten – nicht golden, sondern silbern, kalt und schön.
Als er den Turm hinter sich ließ, trat aus dem Schatten eine Gestalt. Es war Quin. Der Junge, der keiner war, stand ruhig da, die Augen wie Glas, das Licht schluckt.
"Du hast also bestanden", sagte Quin.
"Bestanden? Ich habe nur gelernt, dass ich noch viel nicht verstehe."
"Das ist bestehen", sagte Quin. "Der Turm prüft nicht, ob du stark bist, sondern ob du zuhören kannst."
"Und du? Wirst du mich wieder prüfen?"
"Nein", sagte Quin. "Nicht heute. Ich bin nicht dein Feind. Ich bin nur der Spiegel deiner Furcht."
Elion sah ihn an. "Dann danke ich dir, dass du mir zeigst, dass Furcht nicht herrschen muss."
"Sie herrscht nicht", sagte Quin, "aber sie geht mit dir. Immer."
Er drehte sich um, und der Wind nahm ihn, wie Staub, der nicht verweht, sondern zurückkehrt, wohin er gehört.
Elion ging weiter. Der Pfad führte hinab in ein weites Tal, das von Nebel erfüllt war. Im Nebel standen Schatten, und aus manchen wurden Stimmen. Er hörte Liah lachen, hörte Kuro reden, hörte Serathiel singen. Sie alle schienen nah, und doch wusste er, dass keiner von ihnen wirklich dort war. Der Nebel zeigte, was das Herz erinnerte.
Er hielt an. "Ich werde nicht bleiben", sagte er leise. "Denn Erinnerung ist nicht Heimat. Sie ist nur der Beweis, dass es Heimat gab."
Der Wind antwortete mit einem Flüstern, das wie Zustimmung klang.
Als er aus dem Tal trat, begann der Himmel aufzureissen. Zwischen den Wolken schien ein einzelner Strahl Licht, der sich direkt auf ihn senkte. Das Licht war still, aber tief. Elion hob den Kopf und lächelte.
"Wenn das dein Zeichen ist, Herr", flüsterte er, "dann will ich es tragen."
Er stieg wieder auf sein Pferd, und als er sich umdrehte, sah er weit hinten den Purpurnen Turm. Er glomm schwach, als hätte er alles gesehen, was geschehen war, und würde es bewahren.
Elion ritt weiter, bis die Nacht kam. Über ihm standen Sterne, viele, und einer davon blinkte stärker als die anderen – der Goldene Stern, den er einst suchte. Er hob die Hand, als wolle er ihn grüßen.
"Ich bin noch nicht am Ende", sagte er. "Aber ich bin auch nicht mehr am Anfang. Und das genügt."
Dann ritt er in die Dunkelheit, ruhig, ohne Eile, und das Licht des Sterns blieb auf seinem Weg, wie ein Atem, der nicht verlischt.
Ende von Teil 2.
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