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Das Licht über Nadarel – Teil 3a: Das Tal der Erinnerung
created Thursday November 06, 12:14 by Jorim Hirsbrunner
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Der Weg führte Elion hinab in das Tal, das von Nebel erfüllt war. Die Luft war kühl, und jeder Laut klang gedämpft, als spräche die Welt nur im Flüstern. Er hielt an und blickte zurück. Der Purpurne Turm war kaum mehr zu sehen, nur ein schwaches Glühen in der Ferne erinnerte an seinen Ort.
Vor ihm öffnete sich das Tal wie eine weite, graue Ebene. Bäume standen dort, alt und kahl, ihre Äste ragten wie Finger in den Nebel. Zwischen ihnen bewegten sich Schatten, nicht bedrohlich, sondern still, Erinnerungen, die Gestalt angenommen hatten.
Elion ging langsam. Mit jedem Schritt veränderte sich der Boden unter seinen Füssen. Mal war er weich wie Moos, mal hart wie Stein, dann wieder federnd wie frische Erde nach Regen. Immer wieder hörte er Stimmen, leise, fern, vertraut. Manche klangen wie Freunde, andere wie Feinde, doch alle trugen sie dieselbe Ruhe in sich, als wären sie jenseits von Gut und Böse.
Er blieb stehen, legte die Hand an die Brust, wo der Splitter warm ruhte, und atmete so tief, dass der Nebel vor seinem Gesicht den Atemrhythmus annahm.
Plötzlich stand eine Gestalt vor ihm, nicht ganz Licht, nicht ganz Mensch. Ihre Konturen waren weich, aber nicht unklar, und in ihren Augen lag ein stilles Wissen. Sie sprach nicht, doch Elion verstand sie, als legte jemand einen Satz in sein Herz.
„Dies ist der Ort, an dem alles bewahrt wird, was du warst. Hier gibt es keine Zeit, nur Wahrheit.“
Er wollte antworten, doch seine Stimme blieb in der Stille hängen, als trüge die Luft keine Worte, sondern nur Bedeutung. Statt Lauten kam Erinnerung. Bilder stiegen auf wie klarer Rauch. Er sah sich selbst als Kind, barfuss auf den Stufen zur Kapelle von Nadarel, das Holz warm von der Sonne, der Stein kühl an der Stirn. Er sah den Tag, an dem er zum ersten Mal einen Splitter des Sterns berührt hatte, zaghaft, staunend.
Er sah die Gesichter derer, die er verloren hatte, und fühlte die alten Versprechen, die nie erfüllt worden waren.
„Warum zeigt ihr mir das?“, fragte er schliesslich.
„Weil du sehen musst, was du trägst“, antwortete die Gestalt.
„Wer das Gewicht seiner Erinnerung nicht kennt, stolpert über seinen eigenen Schatten.“
Aus der Tiefe des Nebels löste sich eine zweite Gestalt, dunkel, aus Rauch. Sie trug dieselben Züge wie Elion, nur älter, härter, mit Augen, die weder Leben noch Licht kannten.
„Ich bin das, was du zurückgelassen hast“, sagte sie. „Deine Zweifel, deine Schuld, dein Stolz. Du kannst mich nicht töten, denn ich bin du.“
Elion hob den Splitter. Sein Licht teilte den Nebel.
„Ich habe gelernt, zu tragen, was ich bin“, sagte er ruhig. „Ich fürchte dich nicht mehr.“
Der Schatten löste sich in Licht auf, das langsam im Wind verging.
Die Gestalt aus Licht trat wieder vor ihn.
„Du hast verstanden. Doch das ist erst der Anfang. Wahrheit will getragen werden, nicht vergessen. Gehe weiter.“
Am Boden öffnete sich ein schmaler Pfad. Wasser glitzerte zwischen den Steinen, und das Tal wurde stiller.
Elion trat an das Ufer, bereit, tiefer einzutreten.
Ende von Teil 3a.
Vor ihm öffnete sich das Tal wie eine weite, graue Ebene. Bäume standen dort, alt und kahl, ihre Äste ragten wie Finger in den Nebel. Zwischen ihnen bewegten sich Schatten, nicht bedrohlich, sondern still, Erinnerungen, die Gestalt angenommen hatten.
Elion ging langsam. Mit jedem Schritt veränderte sich der Boden unter seinen Füssen. Mal war er weich wie Moos, mal hart wie Stein, dann wieder federnd wie frische Erde nach Regen. Immer wieder hörte er Stimmen, leise, fern, vertraut. Manche klangen wie Freunde, andere wie Feinde, doch alle trugen sie dieselbe Ruhe in sich, als wären sie jenseits von Gut und Böse.
Er blieb stehen, legte die Hand an die Brust, wo der Splitter warm ruhte, und atmete so tief, dass der Nebel vor seinem Gesicht den Atemrhythmus annahm.
Plötzlich stand eine Gestalt vor ihm, nicht ganz Licht, nicht ganz Mensch. Ihre Konturen waren weich, aber nicht unklar, und in ihren Augen lag ein stilles Wissen. Sie sprach nicht, doch Elion verstand sie, als legte jemand einen Satz in sein Herz.
„Dies ist der Ort, an dem alles bewahrt wird, was du warst. Hier gibt es keine Zeit, nur Wahrheit.“
Er wollte antworten, doch seine Stimme blieb in der Stille hängen, als trüge die Luft keine Worte, sondern nur Bedeutung. Statt Lauten kam Erinnerung. Bilder stiegen auf wie klarer Rauch. Er sah sich selbst als Kind, barfuss auf den Stufen zur Kapelle von Nadarel, das Holz warm von der Sonne, der Stein kühl an der Stirn. Er sah den Tag, an dem er zum ersten Mal einen Splitter des Sterns berührt hatte, zaghaft, staunend.
Er sah die Gesichter derer, die er verloren hatte, und fühlte die alten Versprechen, die nie erfüllt worden waren.
„Warum zeigt ihr mir das?“, fragte er schliesslich.
„Weil du sehen musst, was du trägst“, antwortete die Gestalt.
„Wer das Gewicht seiner Erinnerung nicht kennt, stolpert über seinen eigenen Schatten.“
Aus der Tiefe des Nebels löste sich eine zweite Gestalt, dunkel, aus Rauch. Sie trug dieselben Züge wie Elion, nur älter, härter, mit Augen, die weder Leben noch Licht kannten.
„Ich bin das, was du zurückgelassen hast“, sagte sie. „Deine Zweifel, deine Schuld, dein Stolz. Du kannst mich nicht töten, denn ich bin du.“
Elion hob den Splitter. Sein Licht teilte den Nebel.
„Ich habe gelernt, zu tragen, was ich bin“, sagte er ruhig. „Ich fürchte dich nicht mehr.“
Der Schatten löste sich in Licht auf, das langsam im Wind verging.
Die Gestalt aus Licht trat wieder vor ihn.
„Du hast verstanden. Doch das ist erst der Anfang. Wahrheit will getragen werden, nicht vergessen. Gehe weiter.“
Am Boden öffnete sich ein schmaler Pfad. Wasser glitzerte zwischen den Steinen, und das Tal wurde stiller.
Elion trat an das Ufer, bereit, tiefer einzutreten.
Ende von Teil 3a.
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